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Sie sind zu cool für Basel: Die Steinen-Pools kommen vom Dach

Die drei berühmtesten Dach-Pools der Stadt sind bald Geschichte. Sie schrieben selber welche.

Man sieht sie von einigen Nachbarhäusern aus. Ansonsten aber nur auf Google Maps. Bei einem Gebäude bei der Steinenvorstadt hat es drei Swimmingpools auf dem Dach, je zwanzig Meter lang, vier Meter breit – und gerade so tief, dass man kopfvoran reinspringen kann, ohne sich am Boden zu stossen.

Hoch über den Dächern der Steinen gab es Partys (legale und illegale), Salsa-Kurse, Vernissagen, Fussball-Public-Viewings, Filmvorführungen und mindestens einen Videodreh für einen Song. Seit längerem gärt nur noch eine grün-braune Regenwassersuppe in den Bassins. Sie dürfen nicht mehr aufgefüllt werden.

Die Eigentümerin des Gebäudes will die Wasserbecken loswerden, das berichtete die «BaZ». Die Pools waren offenbar zu cool für Basel, zu viel Miami für unsere im Kern immer noch ziemlich protestantisch-(f)rigide Stadt am Rheinknie. Gerade heute, im Zeitalter von Energiescham und Regulierungswut.

Bild: Benjamin Wieland

Basel verliert mit den Steinen-Pools eine seiner selten gestreuten mondänen Party-Locations. Die Patrimonium-Anlagestiftung in Zug, welcher der Gebäudekomplex gehört, schreibt auf Anfrage: «Die Pools sind mit Risiken verbunden, haben zu Beschwerden geführt und stehen einer sinnvollen Renovierung im Wege.» Die Becken seien teilweise auch nicht mehr dicht.

Restaurant wird überschwemmt

Das Gebäude mit den Rooftop-Pools ist ein 60-Meter-Riegel, eingeklemmt zwischen Steinenbachgässlein und Kohlenberggasse. Auf Seite Steinenvorstadt sind unter anderem der Balz Klub und die Baltazar Bar untergebracht. Ältere Jahrgänge erinnern sich an den früheren Laden im Erdgeschoss, den Piccadilly Shop, der Levi’s-Jeans anbot, in jeder erdenklichen Farbe, Form und Grösse.

Zwei ehemalige Mieter einer der Pool-Wohnungen – ihre hatte fünfeinhalb Zimmer und einen grossen Whirlpool im Badezimmer – erinnern sich an wilde Zeiten. Und spezielle Begegnungen. «Im Spätherbst liessen wir jeweils das Wasser ab. Als wir einmal daran waren, das Becken zu entleeren, läutete es plötzlich Sturm an der Haustür. Ein Kellner des damaligen Restaurants, zwei Stockwerke weiter unten, stand vor der Tür. Etwas nass. Er schrie: ‹Sofort aufhören! Wir werden überschwemmt!›» Offenbar war das Rohr verstopft, es barst auf der Höhe des Restaurants.

Mundartsänger Florian Summer ging hier 2018 baden, samt Instrumenten.
Bild: Screenshot

«Die Feuerwehr kam», erinnert sich der Ex-Pool-Besitzer. «Das Lokal war eine Woche geschlossen, und wir waren dort nicht mehr gerne gesehen, obwohl wir nichts falsch gemacht hatten.»

Die Pools waren nicht nur zum Vergnügen da. Sie sorgten in den darunterliegenden Wohnungen für Aquariumfeeling. Durch Bullaugen im Bassinboden gelangte Licht in die Zimmer. Schien die Sonne, zeichnete sich am Boden der Wellenschlag ab. «Wir feierten viel, mussten aber auch immer auf der Hut sein, dass nicht Fremde auftauchten», erzählt der Ex-Bewohner. Man habe nicht immer die Übersicht über die Gäste behalten können.

Im Gebäuderiegel ist, neben 42 Wohnungen, unter anderem auch der Balz Klub untergebracht.
Bild: Benjamin Wieland

Die Patrimonium-Anlagestiftung will nicht nur die Pools vom Dach nehmen, sondern das ganze Gebäude sanieren. Darin gibt es, neben dem Club und der Bar, 42 Wohnungen, elf Verkaufsflächen, sieben Büros und Lagerflächen. Die Arbeiten sollen 2024 beginnen und zwei Jahre dauern. Mit der Ausführung werden Morger Partner Architekten betraut. Geschätzte Investitionssumme: 14 Millionen Franken.

Ein Bad mit Trommel und Mikrofon

Nicht mehr möglich wäre dann der Videodreh, wie er im Sommer 2018 stattfand. Damals drehte der Mundart-Pop-Sänger Florian Summer den Clip zu seinem Song «Badi vom Max Frisch» am (und im) nördlichen Bassin. Summer schwärmt im Lied von einer Julia. Er singt:

Du bisch bruun
wie Schoggiglace,
und liesisch Büecher
uf em Buuch.

Und: «Ich mach en Salto is Wasser und hoffe, dass de luegsch.» Der Clou: Der Song spielt in der (von Max Frisch entworfenen) Letzi-Badi. Die Steinen-Pools mussten also für Zürich hinhalten.

Ein Argument der Hauseigentümerin, warum sie die Becken vom Dach nimmt, mutet seltsam an. Die Pools seien ohne Aufsicht. Heisst: Man müsste Badmeister organisieren. Weit gebracht haben wir es mit unserer Vollkaskomentalität. Nicht mal mehr in seinem eigenen Pool ertrinken ist heute noch erlaubt.

Artikel von: bzbasel
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