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Was hat euch dieses Jahr bewegt? Best of ArchiBasel 2022

Zweitausendzweiundzwanzig neigt sich dem Ende zu. Wir blicken auf das vergangene Jahr zurück. In Sachen Architektur ist in der Region Basel einmal mehr viel passiert. Es wurde fleissig geplant und gebaut. Die gute Nachricht dabei: Unsere Baukultur lebt! In den letzten Jahren verkündeten wir an dieser Stelle jeweils unsere fünf Tops und Flops. “Ihr kritisiert immer nur”, warf uns kürzlich ein geschätzter Kollege an den Kopf – und so zeigen wir uns zum Jahresende (ausnahmsweise) sanftmütig. Wir präsentieren euch – ohne jegliche redaktionelle Wertung – das “Best of” der zehn meistgelesenen Artikel im 2022. Wir wünschen euch allen einen “guete Rutsch” und freuen uns auf weitere architektonische Heldentaten im neuen Jahr. Venceremos!

01
Es ist offiziell: Die Roche legt Pläne für das Südareal auf

Visualisierung Roche_Südareal © F. Hoffmann-La Roche Ltd

«Zonenänderung, Aufhebung eines Bebauungsplans, Festsetzung eines neuen Bebauungsplans sowie Linienänderung im Bereich Grenzacherstrasse, Solitude-Park und Solitude-Promenade (Roche Südareal)». Der Titel war ziemlich trocken. Dahinter verbargen sich jedoch grosse Pläne. Die Roche möchte das Südareal am Rhein komplett umkrempeln. Ein grosser Park und ein drittes, noch höheres Hochhaus sind vorgesehen. Auf die öffentliche Planauflage folgte prompt der Widerstand: Sowohl die Quartierbewohner als auch der Basler Heimatschutz haben gegen den Bebauungsplan inzwischen Einsprache erhoben. Sofern diese zurückgewiesen werden, beginnt danach der weitere politische Prozess. Man darf gespannt sein, ob im Grossen Rat weitere Forderungen zum Bebauungsplan laut werden. Eine hätten wir: Der neue Park auf dem Südareal muss zwingend öffentlich zugänglich sein. Der Konkurrent flussabwärts macht vor, dass es möglich ist.

02
Der Ofen ist aus! Offener Brief an Luca Selva / Antwort an Norma

© Norma Tollmann

Der Abbruch des Restaurants “Da Gianni” sorgte für Empörung und erhitzte die Gemüter. Architektin Norma Tollmann äusserte ihr Unverständnis in einem offenen Brief an Kollegen Luca Selva, der die Debatte mit seiner “Antwort an Norma” fortführte. Von einem “Generationenclash” schrieb Axel Simon im Hochparterre: “Die gute Nachricht: Es wird gestritten! Es braucht mehr solcher offenen Briefe, mehr Debatte – über die Rettung kleiner Häuser mit grosser Identität und über die Verantwortung derjenigen, die diese abreissen um grosse Häuser mit hohen Preisen an ihre Stelle zu planen.” Im November kam es an der Fachhochschule in Muttenz zur Debatte auf Augenhöhe. Fazit: Widersprüchliche Haltungen tun unserer Baukultur gut. Wichtig ist der respektvolle Diskurs.

03
«Das ist kein Abriss, nur eine bauliche Operation!»

Bild der Zertsörung: Die Tschudy-Villa nach dem Teilabbruch © zVg

Der vorsätzliche Teilabbruch der schützenswerten Tschudy-Villa in Sissach sorgte für Aufsehen – und Entsetzen. Wie kommt man als Eigentümer dazu, am späten Nachmittag des Gründonnerstags die Bagger auffahren zu lassen? Gemeindepräsident Peter Buser fand deutliche Worte: «Das ist kein regulärer Abbruch, sondern mutwillige Zerstörung.» Die grosse Mehrheit der Leser:innen zeigte ebenfalls kein Verständnis für das Vorgehen von Laurent de Colon, Inhaber und Geschäftsführer der Buess Weinbau und Weinhandel AG, in deren Eigentum sich die Villa befindet. Marc Lüthi schrieb: «Hätten unsere Vorfahren so gedacht, es gäbe keine Kulturdenkmäler mehr, keine barocken Schlösser, keine Stadttore usw. Es geht um den Erhalt unserer Geschichte!“ Samuel Heinrich nahm es mit schwarzem Humor: «Das ist kein Abriss, nur eine bauliche Operation!“ Für Steffi Luethi steht das Vorgehen im grösseren Zusammenhang einer Abbruch-Mentalität hierzulande: «Zerstören, im grossen Massstab, hier im lokalen Rahmen, hat Hochkonjunktur…!“

04

«Ihr habt die ganze Nacht» – Druck, Konkurrenzkampf und 300 unbezahlte Überstunden

«Wieviel verdienst du so?» «Wie sind bei euch im Büro die Überstunden geregelt?» «Bekommst du einen Dreizehnten?» Über Geld spricht man nicht. Zumindest in der Schweiz. Das ist auch in Architekturbüros nicht anders. Und dennoch ist es ein Thema, das vielen unter den Nägeln brennt. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen mit Hochschulabschluss verdienen ArchitektInnen wenig. In einer Artikelserie widmen wir uns dem Thema der Arbeitsbedingungen in der Architektur. Überstunden, Konkurrenzkampf, Leistungsdruck gehören oft zum Alltag. In unserem Artikel dokumentierten wir einen konkreten Fall aus Basel. Wir erhielten daraufhin zahlreiche Reaktionen. Unsere Umfrage wurde insgesamt 446 ausgefüllt. Wir werden das Thema mit weiteren Artikeln beleuchten.

05
Neues Klinikum 3 von Herzog & de Meuron: Start der öffentlichen Planauflage ist erfolgt

Schattenwurf des künftigen Klinikum 3 © Bau- und Verkehrsdepartement

Anfang Jahr wurden die Änderungen des bestehenden Bebauungsplanes für das neue Klinikum 3 des Universitätsspitals Basel öffentlich aufgelegt. Sie schaffen die Voraussetzungen für den Bau des neuen Klinikums aus der Feder von Herzog & de Meuron, das Platz für komplexe Behandlungen, Funktions- und Laborbereiche sowie Forschung bieten soll. Für den Neubau muss mitunter das wunderbare Infektionskrankenhaus von Architekt Hans Schmidt weichen. Nach aktuellem Planungsstand soll in den Jahren 2022 bis 2028 eine erste Phase des Neubaus des Klinikums 2 realisiert werden. Der Bau des Klinikums 3 ist für 2024 bis 2030 geplant. Ein Teil der Nutzungen des Klinikums 2 wird dann ins Klinikum 3 verschoben, um 2031 bis 2038 das Sockelgebäude des neuen Klinikums 2 fertigstellen zu können. Rotationsprinzip würde man das im Fussbaljargon nennen.

06

Miller & Maranta: Das Lob der Rohheit

Wohnungen Hardstrasse in Basel von Miller & Maranta © Architektur Basel

Obwohl der Artikel bereits im 2021 publiziert wurde, gehörte er dieses Jahr zu den meistgelesenen Beiträgen auf unserer Webseite. Tatsächlich ist die neue Bebauung von Miller & Maranta Architekten an der Hardstrasse im Basler Gellertquartier äusserst sehenswert. Rohe Sichtbetonwände prägen den Innenraum – und lösten in unserer Leserschaft überraschend viele emotionale Reaktionen aus. Beispielsweise zeigte sich Markus Sherab Vögtli begeistert: «Da kann man wunderbar mit Farbeffekten arbeiten … Ich liebe Beton als Hintergrund.» Wittwer Roland befand: «Etwas trist, aber formschön.» Und Manuela Steinberger: «Wenn man Sichtbeton und geometrische Strukturen mag, warum nicht. Mir wäre es zu grau.» Yolanda Gürtler war schockiert: «Absolut abschreckend!» Im Gegenteil würde Yannick Sehn am liebsten einziehen: «Endlich Platz für meine extragrossen Kuckucksuhren!» Bei aller Polemik: Der Markt hat Investorin Ecoreal und Miller & Maranta recht gegeben. Alle drei Häuser sind vollvermietet.

07

Wohnung zu verkaufen: Schöner Wohnen mit Staehelin Meyer am Pappelweg

© Studio AIVA images

Zugegeben. Auf den ersten Blick war ich mir nicht ganz sicher. Handelt es sich um einen Umbau? Oder doch um einen Neubau? Das markante Satteldach und die Betonbänder sprechen die Architektursprache der Nachkriegsmoderne. Das ist kein Zufall: Der Neubau bezieht sich auf die bestehende Bebauung aus den späten 1960er-Jahren von Burckhardt Architekten, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. «Wohnung zu verkaufen», heisst es am Pappelweg. Wir haben uns das Neubauprojekt genauer angeschaut. In unserer Leserschaft stiess das Neubauprojekt am Stadtrand auf besonderes Interesse.

08
In bester Nachbarschaft: Radikales Wohnhaus von Wallimann Reichen am Bläsiring

Wohnhaus Bläsi von Wallimann Reichen © Rory Gardiner

Der Bläsiring im Kleinbasel ist eine gute Adresse. Zumindest, was Architektur anbelangt. Seit kurzem ist die Strasse um einen bemerkenswerten Neubau reicher. Das junge Basler Architekturbüro Wallimann Reichen hat mit klugen typologischen Kniffen auf knapper Grundfläche ein bemerkenswertes Wohnhaus entwickelt. Radikal im besten Wortsinn. Save the date: Wie freuen uns darauf, in der ArchitekturBar am 17. April 2023 mehr über die Hintergründe des Baus zu erfahren.

09

isla gestalten den Basel Pavillon 2022 – ein Pionier für zirkuläres Bauen

Basel Pavillon von isla architects © Architektur Basel

Um Ideen für neue und klimagerechte Architekturansätze zu finden, wurde von der Architekturwoche Basel ein internationaler Open Call lanciert. Insgesamt wurden 182 Entwürfe eingereicht. Zunächst wählte die Jury sechs Entwürfe aus den Einreichungen in eine engere Auswahl. Zusätzlich wurden acht internationale Teams in einer zweiten Wettbewerbsstufe nominiert. Die insgesamt 14 Teams starteten mit einem Workshop zur Einführung des Bauteilkatalogs und einer Besichtigung des Bauplatzes auf dem südlichen Dreispitz in die zweite und letzte Stufe. Alle Entwürfe und Bauprozesse wurden auf der Basis des Online-Katalogs aus gebrauchten, wiederverwertbaren Bauteilen aus Basel und der Region entwickelt. Die Jury wählte die «Loggia Baseliana» von isla, Marta Colón de Carvajal und Juan Palencia, den Siegerpavillon. Im Mai wurde der Pavillon auf dem Dreispitz feierlich eröffnet.

10

Musik-Akademie Basel: Nachwuchsbüro gewinnt den Wettbewerb zur Erweiterung

© ARCHITECTURE CLUB, Bild: Xaos Collective

Zukunftsmusik: Die Musik-Akademie Basel plant, ihre Infrastruktur am historischen Standort in den nächsten Jahren zu sanieren und zu erweitern sowie mit einer «Salle Modulable» zu ergänzen. Im Rahmen des selektiven Studienauftrags «MAB Campus 2040» hat das Beurteilungsgremium unter Leitung von Pierre de Meuron den Beitrag des Nachwuchsteams Architecture Club zur Weiterbearbeitung empfohlen. Im Interview mit uns beschrieb das junge Architektenduo, Karolina Slawecka und Pawel Krzeminski, die Gründe für ihren Erfolg: «Das muss unsere Liebe zur Musik gewesen sein! (lacht) Der Kernpunkt unseres Projekts war, den Nordhof freizusetzen. Wir haben einen offenen Freiraum geschaffen, indem wir das heute unzugängliche Dach der Vera Oeri Bibliothek in einen öffentlichen Raum verwandelt haben – eine neue begehbare Topografie umgeben von Rampen und Treppen. Dieser ergänzende Raum wird als Aussenfoyer und Aufführungsraum fungieren, offen für die Kreativität von Musiker. Die darunter liegende Bibliothek bleibt erhalten und der Neubau mit der Salle Modulable liegt darüber.» Es geht nichts über eine clevere Entwurfsidee.

Artikel von: architekturbasel
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